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2024-08-07 23:30:25

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Netzpolitik

Russland setzt sich bei UN-Cybercrime-Konvention durch: „Ein gefährliches globales Überwachungsabkommen“

Es zeichnet sich ab, wovor Menschenrechtsorganisationen und Journalistenverbände lange gewarnt haben: Die geplante UN-Konvention zur Cyberkriminalität erfüllt nicht die Mindestanforderungen an Menschenrechte und Datenschutz. Sie schaffe „beispiellose Überwachungsbefugnisse“ und biete kaum Schutz für IT-Sicherheitsforscher, Whistleblower oder Journalisten.

07.08.2024 um 11:22 Uhr Constanze


Die Flagge der Vereinten Nationen über dem Hauptquartier in New York – CC-BY 2.0 ishmael daro

Noch laufen die Verhandlungen ( https://www.unodc.org/unodc/en/cybercrime/ad_hoc_committee/ahc_reconvened_concluding_session/main ) in New York, doch es sieht nicht gut aus für die Menschenrechte: Die geplante UN-Konvention über Cyberkriminalität droht zu einem politischen Debakel zu werden. Ausgerechnet Russland könnte ein Zustandekommen als Erfolg für sich verbuchen.

Denn herausgekommen ist ein Vertragstext zur Cyberkriminalität, der weit über das Ziel hinausschießt und weitreichende Überwachungsbefugnisse mit unzureichenden Schutzmaßnahmen enthält. Er gibt Machthabern noch mehr Möglichkeiten, repressiv gegen politische Gegner und unliebsame Journalisten vorzugehen.

Die aktuelle Version ( https://www.unodc.org/documents/Cybercrime/AdHocCommittee/Reconvened_concluding_session/Documents/AC_291_L15_ADVANCE_UNEDITED.pdf ) des Vertrags wurde am Dienstagabend (Ortszeit) in New York von der Diplomatin und Vorsitzenden der Verhandlungsarbeitsgruppe, Faouzia Boumaiza Mebarki aus Algerien, an die Delegationen der Staaten übergeben. In den Hauptstädten der Mitgliedstaaten muss nun noch die Zustimmung für den Entwurf der Resolution ( https://www.unodc.org/documents/Cybercrime/AdHocCommittee/Reconvened_concluding_session/Documents/A_AC.291_L.16_ADVANCE_UNEDITED.pdf ) für die Generalversammlung eingeholt werden. Dann könnte der Vertragstext am Freitag verabschiedet werden.
Nicht einmal Mindeststandards bei Menschenrechten und Datenschutz

Die geplante UN-Konvention mit dem offiziellen Namen „International Convention on Countering the Use of Information and Communication Technologies for Criminal Purposes“ (Konvention zur Bekämpfung des Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnologien für kriminelle Zwecke) soll für alle 193 UN-Mitgliedsstaaten verbindlich werden. Die Vereinten Nationen stehen unmittelbar vor der Verabschiedung dieses Vertrags, der nahezu weltweit gelten soll, aber schon im Vorfeld heftig kritisiert wird.

Denn er verfehle Mindeststandards bei den Menschenrechten und beim Datenschutz, bemängeln Vertreter der Zivilgesellschaft, die den Verhandlungen beiwohnen. Das International Press Institute (IPI) fordert sowohl die EU als auch die Vereinigten Staaten auf, dieses „gefährliche globale Überwachungsabkommen“ ( https://ipi.media/ipi-calls-on-us-eu-to-reject-dangerous-global-surveillance-treaty/ ) abzulehnen. Der aktuelle Entwurf des UN-Vertrages sei ein „übermäßig weit gefasstes, vages Gesetz“ zur Cyberkriminalität, das allzu leicht missbraucht werden könne.

Mehr als zwanzig internationale zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter Privacy International, Access Now, das IPI sowie European Digital Rights als Dachorganisation vieler europäischer NGOs hatten im Vorfeld der jetzigen Verhandlungen an die Delegierten der EU-Staaten und auch an die Europäische Kommission appelliert, die zahlreichen Mängel des Vertrages noch zu beheben. In einem offenen Brief warnten sie davor, einen Vertragstext ohne deutliche Nachbesserungen zu beschließen. Andernfalls müsse die Notbremse gezogen und der Vertrag abgelehnt werden. Der Brief an die EU-Delegierten hatten allerdings keinen großen Einfluss auf die Verhandlungen.

Denn die Mängel wurden offensichtlich nicht behoben: Hochumstrittene Überwachungsbefugnisse mit stark eingreifendem Charakter, darunter die Echtzeiterfassung von Telekommunikationsverkehrsdaten und das Abfangen von Kommunikationsinhalten, blieben im Vertragstext. Das bedeutet, dass die UN-Mitgliedsstaaten durch die Konvention verpflichtet würden, solche Überwachungsmaßnahmen für ein sehr breites Spektrum von Straftaten durchzuführen. Darunter sind auch Straftaten, die nicht schwerwiegend sind. Ein klares Erfordernis zu einer vorherigen richterlichen Genehmigung, die in der Regel die Rechtmäßigkeit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen prüft, bestünde hingegen nicht.

Dies birgt erhebliche Missbrauchsrisiken durch die eingriffsintensiven Überwachungsbefugnisse und massiven Datenerfassungen, die zu willkürlichen Verletzungen des Rechts auf Privatsphäre führen können. In vielen UN-Mitgliedsstaaten gibt es kaum oder gar keine rechtlichen Instrumente, um diese Risiken zu verhindern oder auch nur abzumildern.

https://netzpolitik.org/2024/un-cybercrime-konvention-mangelhaft-und-gefaehrlich/

Ein „entscheidender Moment für die Menschenrechte im digitalen Zeitalter“

Diese Einschätzung teilt auch das Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte (OHCHR), das in seiner Stellungnahme vom Juli ( https://www.unodc.org/documents/Cybercrime/AdHocCommittee/Reconvened_concluding_session/Written_submissions/OP7/OHRC_AHC_Cybercrime_-_reconvened_concluding_session.pdf ) auf erhebliche Defizite am Vertragstext hinweist. Viele der Bestimmungen würden „internationalen Menschenrechtsstandards nicht gerecht“.

Die aktuelle letzte Verhandlungsrunde sieht das OHCHR als „entscheidenden Moment für die Menschenrechte im digitalen Zeitalter“. Der Kampf gegen Cyberkriminalität müsse „Hand in Hand mit der Wahrung und Förderung der Menschenrechte“ gehen. Das OHCHR appellierte an alle Verhandlungsparteien, „alle Anstrengungen zu unternehmen, um sicherzustellen, dass der neue Vertrag die Menschenrechte in den gesamten Text integriert“ und sich strikt an internationalen Rechtsgrundsätzen orientiert. Dazu hat das OHCHR eine lange Liste an Verbesserungsvorschlägen vorgelegt.

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